
FALL DES MONATS
RISIKOGENEIGTES ENTLASSUNGSMANAGEMENT
WAS IST PASSIERT?
Im laufenden Jahr wurden mind. 90% der Bewohner*innen, ohne Arztbrief, ohne Entlassungsschreiben, ohne Informationen aus LKH in Pflegeeinrichtung zurück überstellt. Bei jedem Fall handelte es sich um eine Notfall Einweisung. Beschwerden direkt bei betroffener Einrichtung zeigen keine Verbesserung der Missstände.
WAS WAR DAS ERGEBNIS?
Keine Kommunikation, potenzielle Medikamenten Fehler, fachgerechte Anpassung der Pflegemaßnahmen nicht möglich, erhöhter Zeit- und Arbeitsaufwand durch Nachforderung der Diagnose, empfohlener Medikation und durchgeführter Maßnahmen.
WO SEHEN SIE DIE GRÜNDE FÜR DIESES EREIGNIS?
Schlechte Organisationsstruktur, schlechtes Qualitätsmanagement, schlechtes Entlassungsmanagement.
WIE HÄUFIG TRITT EIN SOLCHES EREIGNIS AUF?
Wöchentlich
KAM DER PATIENT ZU SCHADEN?
Verunsicherung des/der PatientIn
WELCHE FAKTOREN TRUGEN ZU DEM EREIGNIS BEI?
• Kommunikation (im Team, mit PatientIn, mit anderen ÄrztInnen,
SanitäterInnen, etc.)
• Ausbildung und Training
• Ablauforganisation
• Kontext der Institution (Organisation des Gesundheitswesens, etc.)
• Dokumentation
KOMMENTARE
Lösungsvorschlag bzw. Fallanalyse
Im Vorfeld stellen sich folgende Fragen:
1. Handelt es sich um eine interdisziplinäre Notfallambulanz oder betrifft die Beschwerde nur eine Fachabteilung?
2. An wen wurden die bis dato „negierten” Beschwerden gerichtet. Ebene Abteilungsvorstände, Stationsleitung oder an die kollegiale Führung?
3. Gibt es ein strukturiertes Beschwerdemanagement, in welchem entgegengenommene Beschwerden nachweislich abgearbeitet werden müssen?
4. Wie erfolgt die ärztliche Entlassungsdokumentation in der Kernarbeitszeit, in welcher auch administrative Mitarbeiter_innen anwesend sind und wie außerhalb dieser? Werden Kurzarztbriefe geschrieben (EDV gestützt oder auch handschriftlich)? Werden vorläufige Arztbriefe mitgegeben?
5. Wer bekommt die ärztliche Entlassungsdokumentation? Im Regelfall der Hausarzt bzw. der einweisende Arzt. Die zuweisende Pflegeeinrichtung ist nicht als direkter Empfänger von Befunden vorgesehen – also wie gestaltet sich hier der Informationsaustausch?
Rechtliche Gegebenheiten
Ärztliches Entlassungsdokument wird per DAME an Hausarzt übermittelt. Dieser gilt als Zuweiser.
Frage: Ist die Übermittlung direkt an eine Pflegeeinrichtung möglich?
Neue Erkenntnisse
Unsere Klinik veranstaltet seit vielen Jahren ein Kooperationstreffen mit allen extramuralen Partnern und Zuweisern. D.h. die pflegerische Führung lädt alle Hauskrankenpflegeträger, Langzeitpflegeeinrichtungen, Pflegeexperten auf den Bezirkshauptmannschaften, etc. zu einem persönlichen Austausch in die Klinik ein. Ziel dabei ist, alle Herausforderungen in der Zusammenarbeit zwischen dem intra- & extramuralen Bereich aufzudecken und Verbesserungspotentiale abzuleiten. Dies läuft strukturiert ab. Weiters versenden wir Terminaviso, eine vorläufige Agenda und bitten um das Einbringen von weiteren Tagesordnungspunkten. Alle pflegerisch betroffenen Mitarbeiter_innen der Klinik (Stationsleitungen, Entlassungsmanager, Stabstelle QU und Hygiene) nehmen am Dialog teil. Es wird mit einem Flipchart gearbeitet. Offene Punkte aus dem letzten Treffen werden evaluiert und neue Themen aufgezeigt. Es wird gemeinsam ein Verbesserungsvorschlag erarbeitet und in einem Protokoll dokumentiert.
Auch wir hatten das Thema, dass im Bereich der Akutversorgung außerhalb der Kernarbeitszeit die Informationsweitergabe an die Langzeitpflegeeinrichtungen mangelhaft war. Seitens der PF wurde der Auftrag an das QM/RM gestellt eine Risikoanalyse zu erstellen. Eine Analyse erfolgte über alle Fachdisziplinen. Hierbei wurde festgestellt, dass dies in unserem Haus ausschließlich auf die Abteilung Ortho/Trauma zutrifft. In allen anderen Fachabteilungen wird außerhalb der Kernarbeitszeit ein Kurzarztbrief vom Arzt selbst geschrieben.
Eine wesentliche Erkenntnis daraus war, fehlende Befunde bergen durch Informationsverluste das Risiko für Fehler in der weiterfolgenden Behandlung/Therapie und daraus resultierenden Patientenschäden.
Nach abklären aller identifizierter Risiken kamen wir zu folgendem Ergebnis:
Erstellen einer Richtlinie, mit dem Ziel kein Patient verlässt die Klinik ohne ärztliche Information. Ein handschriftlich oder EDV gestütztes Dokument (Kurzarztbrief) muss vor dem Verlassen des Patienten ausgehändigt werden. Der handschriftliche Arztbrief wird am darauffolgenden Arbeitstag von der Abteilungssekretärin eingescannt und zum Fall gehängt.
Die Einhaltung der Richtlinie wurde 6 Monate lang vom QM überprüft. Das Feedback der extramuralen Partner war durchaus positiv.
Gefahren- / Wiederholungspotenzial
Auf alle Fälle besteht große Gefahr zur Wiederholung solange keine Evaluierung oder Änderung der Prozesse eingeleitet wurde.
ExpertIn der Gesundheit Burgenland
(medizinisch-fachlicher Aspekt, Notfallmedizin)
Veröffentlichung am 01.10.2025
TEXT