FALL DES MONATS

HYGIENERICHTLINIEN IM OP

WAS IST PASSIERT?

Bei Organentnahme des Herzens wurde von einem/einer Assistenten/in der Kunststoffbeutel mit der Perfusionslösung mit einem unsterilen Einmalskalpell durchstochen bzw. aufgeschnitten und über diese Öffnung die Lösung in den Transportbehälter und somit auf das entnommene Organ geleert. Diese erfolgte in Beisein und unter Zusehen des/der Chirurgen/in. Der/die Assistent/in hatte zudem, aufgrund von mir wahrgenommenen fehlenden Kompetenz, erhebliche Schwierigkeiten einmalverpacktes Verbrauchsmaterial fachgerecht (steril) zu öffnen. Die erforderlichen Hygienerichtlinien für einen OP (Privatkleidung/Schmuck) wurden von mehren anwesenden Personen nicht eingehalten.

WAS WAR DAS ERGEBNIS?

Das entnommene Herz wurde in einer möglicherweise kontaminierten Lösung transportiert und so dem Empfänger implantiert.

WO SEHEN SIE DIE GRÜNDE FÜR DIESES EREIGNIS?

ungeschultes Personal; fehlende fachliche Kompetenz; fehlendes Hygieneverständnis; Unachtsamkeit der Verantwortlichen; Zeitdruck; keine Kenntnis über richtiges Verhalten in einem OP; zu viele (entbehrliche) anwesende Personen;
Eine Organentnahme sollte ausschließlich von ausreichend geschultem Personal aller beteiligten Berufsgruppen durchgeführt werden. Die Zahl der anwesenden Personen sollte auf ein nötiges Minimum beschränkt sein. Es sollte mehr auf gegenseitige interdisziplinäre Kontrolle und Observanz geachtet werden.

WAS WAR BESONDERS UNGÜNSTIG?

Zeitdruck; unzureichende Hygienekennnisse; Tageszeit (Organentnahme meistens nachts); Ignorieren von Fehlern

WIE HÄUFIG TRITT EIN SOLCHES EREIGNIS AUF?

Sehr selten (1x alle 3 Jahre)

KAM DER PATIENT ZU SCHADEN?

nicht bekannt

WELCHE FAKTOREN TRUGEN ZU DEM EREIGNIS BEI?

•  Ausbildung und Training
•  Persönliche Faktoren der MitarbeiterInnen (Müdigkeit, Gesundheit, Motivation, etc.)
•  Teamfaktoren (Zusammenarbeit, Vertrauen, Kultur, Führung, etc.)

FALL-NR
267807
ALTERSGRUPPE
21 - 30 
GESCHLECHT
männlich
BEREICH
anderer Beriech: Transplantationsmedizin
KONTEXT
Maßnahmen (PatientIn, Geräte, etc.)
ORT DES EREIGNISSES
OP-Bereich
VERSORGNUNGSART
Routinebetrieb
TAG DES EREIGNISSES
Wochentag
WER BERICHTET
Pflegepersonal
BERUFSERFAHRUNG
über 5 Jahre

KOMMENTARE
 

Lösungsvorschlag bzw. Fallanalyse
Gerade im Sektor der Transplantationsmedizin sollten die Abläufe gut strukturiert und standardisiert ablaufen. Besonders im operativen Bereich sind beobachtete Verhaltensmängel in Bezug auf Hygienerichtlinien bzw. Maßnahmen nicht zu tolerieren. Im Falle eines Beobachtens einer Missachtung der Richtlinie betreffend die Anforderungen an die im Zusammenhang mit einer Organentnahme zum Schutz der Organempfänger erforderlichen Maßnahmen (RL BÄK Empfängerschutz) muss eigentlich eine sofortige Reaktion erfolgen.

Ob die Beobachtung seitens einer Pflegekraft, eines Mediziners oder eines Hilfsdienstes erfolgt, ist völlig irrelevant, im Moment der Beobachtung muss die sofortige Reaktion erfolgen. Welche Aktion dies zur Folge haben kann, muss situativ abgeschätzt werden. In einem sensiblen Bereich, wie Organentnahme und Transplantation, sollten standardisierte Abläufe in einem routinierten Team bekannt sein und dementsprechend ablaufen. Eine Beobachtung, wie hier geschildert, muss eine sofortige Aktion zur Folge haben.

Eine niedrige Fehlerquote, bzw. best practice, setzt eine optimale Schulung, aber auch die nahezu gleiche Mannschaft voraus. Sollte eine gewisse Kontinuität bezüglich Wissensstandes oder Handeln nicht einfach zu bewerkstelligen sein, wäre ein Simulationstraining eine vorstellbare Alternative.

Personalmangel oder ungeschultes Personal, wie erwähnt, lassen eventuell auf ein vorhandenes Organisationsversagen rückschließen und gehören im Team kommuniziert bzw. aufgearbeitet.

Rechtliche Gegebenheiten
Siehe: RICHTLINIE 2010/45/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 7. Juli 2010 über Qualitäts- und Sicherheitsstandards für zur Transplantation bestimmte menschliche Organe

ExpertIn der Gesundheit Burgenland
(medizinisch-fachlicher Aspekt, Chirurgie)
Veröffentlichung am 06.11.2024

Zusätzlich zum Fachkommentar soll an dieser Stelle an „SPEAK UP“ hingewiesen werden, eine Form der Kommunikation über KollegInnen – über Berufsgruppen und Hierarchiestufen hinweg. Dabei geht es darum, zu reagieren und sich gegenseitig anzusprechen, wenn die Sicherheit von PatientInnen und/oder MitarbeiterInnen gefährdet ist oder gefährdet scheint. Nachfolgende 10 Tipps, damit „Speak up!“ gut funktioniert sind im Folder der Plattform Patientensicherheit zu finden.

ExpertIn der GÖG
(Stellungnahme GÖG)
Veröffentlichung am 06.11.2024